Hate (star-)fucking hurts in all its fragile fragments. Und das Ganze auch noch als organisierte „Inc.“, wohlgemerkt!
Das Vokabular spricht eine deutliche Sprache: Nine. Inch. Nails. Mit Schmerzen, Hass und Leid wird einmal mehr jongliert, eingepasst in das symmetrische Pumpen von Industrial-Rhythmusgitarren, angereichert mit EBM-Sequenzern und angeführt vom nasalen Gröhlen des Namensvetters von Pulp-Fiction-Gangster Vincent Vega, der es sich irgendwo zwischen Trent Reznor und Kurt Cobain gemütlich macht.
HATE INC. produzieren jedoch keineswegs die Kunst, die sie mit dem Titel ihres Langspieldebüts andeuten, kein anspruchsvolles Konzeptwerk jedenfalls, sondern eher eine Collection aus riffbasierten Industrial-EBM-New-Wave-Bastarden, die in erster Linie als prachtvolle Trashgranaten funktionieren. Die Zweitklassigkeit dieser Band manifestiert sich in den eklatanten Qualitätsunterschieden zu den Vorbildern MINISTRY und NINE INCH NAILS, in deren Nähe man irgendwie immer herumlungert; wettgemacht wird das Defizit jedoch durch Passagen erstaunlichen Headbangfaktors, wenn immer wieder Riffs mit denkbar simpler Struktur auftauchen – volle, erdige Rasiermesserkanten, die einen geradewegs umhauen. Das funktioniert gerade vor dem Hintergrund der teils billig wirkenden Synthesizer, hinter denen man so etwas Effektives im Leben nicht vermutet hätte.
Schön ist es daher, dass auch RAMMSTEIN als Inspirationsquelle gelistet werden. Auch wenn der Sound ein ganz anderer ist: Die archaische Urgewalt, die sich mit aller Macht gegen unfreiwillige Komik durchsetzt, weisen eben auch die Italiener von HATE INC. vor.
Folglich macht „Art Of Suffering“ durchaus eine Menge Spaß, insbesondere in Stücken wie dem pumpenden „Breed“, dem megalässigen Titeltrack oder „Made In Chains“, das auf eine absurde Weise wie ein Industrial-Cover von PORCUPINE TREEs „Fear Of A Blank Planet“ klingt – der fast identischen Grundmelodie wegen. Manchmal wiederum klingt die Rezeptur dann aber einfach nur käsig („Dissatisfaction“), was den schmalen Grat, auf dem Vega und Kollegen balancieren, schmerzhaft deutlich macht.
FAZIT: Grobschlächtiger Fun Stuff, der sich in seiner elektronischen Schludrigkeit ähnlich viele Ausrutscher leistet, wie er sie mit fetten Riffs wieder ausbügelt. Eine Bad-Taste-Ader sollte man schon im Arm tragen, dann aber kann man den Teppich mit „Art Of Suffering“ ordentlich zum Beben bringen.
Sascha Ganser
direct link: http://www.musikreviews.de/reviews/2011/Hate-Inc/The-Art-Of-Suffering/